Sehr geehrters Leservolk,
nun sind schon mindestens eineinhalb Monate vergangen, seitdem das letzte mal in diesen Blog geschrieben wurde. Dies soll sich nun ändern. Miriam und ich hatten eine wundervolle Zeit in Südafrika. Wir feierten unser Weihnachtsfest in Johannesburg, fuhren danach auf das Kailager, ein christliches Jugendcamp und bereisten das Land anschließend auf getrennten Wegen. Ende Januar besuchten wir noch das Zwischenseminar, auf dem wir alle anderen in Südafrika stationierten Freiwilligen unsererer Entsendeorganisation (ELM) noch mal sehen konnten. Das Zwischenseminar war der krönende Abschluss eines tollen und erfrischenden Urlaubs. Am Montag, dem 30. Januar sind wir wieder in Choma angekommen. Unsere Zimmer waren ohne unser Wissen von unseren Mitbewohnerinnen benutzt und mein Garten war durch den Regen und einen netten Nachbarn mit Machete fast vollends zerstört worden, sodass unsere Freude auf das Projekt in leichte Entäuschung umgewandelt wurde. Das mit den Zimmern und dem Garten hätten wir vorher ausführlich klären müssen, somit lag der Fehler teilweise auf unserer Seite.
Den Tag nach unserer Ankunft hatten Miriam und ich frei um auszupacken und um uns wieder ein wenig einzuleben. Da die Projekte noch nicht angefangen hatten gab es in der letzten Woche nicht so viel für uns zu tun. Wir hatten einige Meetings mit Nosiku, stellten Regeln für das Wohnen hier im Haus auf, gingen in die Stadt und hatten viel Freizeit. Am Freitag war ich mit den anderen Outreachleitern im Zambia Compound, einem der ärmsten Compounds hier in Choma, wo wir unseren Outreachklienten einen Besuch abstatteten. Letzten August hatten wir noch 7 Klienten, 2 Frauen waren Ende letzten Jahres gestorben und einer verreist. Im Januar diesen Jahres waren eine weitere Frau und auch die drei neuen Personen, die für das Projekt ausgesucht wurden, verstorben. So besuchten wir am letzten Freitag die drei übrigen Klienten, zwei ältere Männer, mit denen auch ich auf englisch sprechen konnte und eine Frau, die sich jeweils sehr über unseren Besuch freuten. Da das Projekt von Mitte Dezember bis Mitte Januar geschlossen war, war es uns wichtig zu sehen wie es unseren Klienten geht, vor allem, da das Haus der Frau dem Zusammenbruch nahe steht und wir bis jetzt noch nicht das Geld zur Reparatur hatten. Das richtige Outreachprogramm startet wahrscheinlich am Freitag nächster Woche.
Diese Woche startete mit einem dreitägigen Jahresmeeting, in welchem alle Aktivitäten, Budgets und Projekte für dieses Jahr geplant wurden. Diese Meetings waren sehr anstrengend und langwierig, da manche Dinge oft zwei oder drei Mal erklärt werden mussten, bis jeder verstanden hatte, was er zu tun hat. Am Mittwochmittag fuhren wir zum ersten Reading and Writing Projekt zur Choma Basic School. Das im letzten Jahr noch Accompaniment genannte Programm hat über die Jahre die Schule gewechselt, da es einige Probleme mit den Lehrern und den Schülern der letzten Schule gab. Wir waren in der neuen Schule angenehm überrascht, da die Schüler fast alle schon Lesen und Schreiben konnten. Die Frage ist nun, ob wir dort mit dem Programm fortfahren sollen, da es eigentlich dazu ausgelegt ist ungebildeten und bedürftigen Kindern Lesen und Schreiben beizubringen, was an dieser Bildungsstätte nicht der Fall wäre.
Der Kids Club hatte schon an dem Sonntag vor unserer Ankunft in Choma gestartet. Es waren an diesem Tag 110 Kinder anwesend gewesen. Am letzten Sonntag waren es 262 Kinder, eine Zahl, die wir seit einigen Monaten nicht mehr erreicht hatten.
Im Moment findet der afrikanische Fußballcup statt, in welchem Sambia überraschender Weise nun das Finale erreicht hat. Das sambianische Team hat in den letzten Jahren stets enttäuschend gespielt, wodurch auch die Bewohner des Landes sehr schlecht auf ihr Team zu sprechen waren. Dieses Jahr wird von jedem Einheimischen enthusiastisch jedes Spiel verfolgt und ordentlich mitgejubelt. Das Halbfinalsspiel gegen Ghana schauten Miriam und ich im Pub & Grill des Choma Hotels an. Ghana machte die ganze Zeit gut Druck und hatte mehrere gute Chancen, schoss jedoch kein Tor. Sambia war kaum torgefährlich, schoss jedoch mit der fast einzigen Chance die sie hatten in der 75. Minute gleich ein Tor, worauf das Gelubel und die Feierei der Fans groß war. Als nach das Spiel mit dem Stand 1 – 0 abgepfiffen wurde, war die Bevölkerung Chomas in einem Wahnzustand. Die Autos rasten hupend durch die Stadt, überall hörte man Vuvuzelas, Geschrei, Pfeiffen und Gejubel. Der Weg nach Hause war ein Abenteuer. Wir waren sehr vorsichtig und gingen auf Abkürzungen, den Fangemeinden ausweichend, zum Center. Auf dem Parkplatz eines Nachtclubs meinte ein Autofahrer mit seinem Auto ein paar Kreise auf der Stelle (Burnouts) zu drehen, was ihm einen geplatzten Vorderreifen bescherte. Auch der Rest der Bevölkerung verhielt sich nicht anders. Auf der Straße, kurz vor unserem Haus, kam uns eine bestimmt 300-köpfige, jubelnde Menschenmenge entgegen. Wir stellten uns an den Straßenrand um nicht aufzufallen und um zu beobachten. Ein Taxi wollte durch die Menge fahren, was ihm jedoch nicht gelang. Stattdessen stellten sich die Menschen rund um das Auto und trommelten auf Dach und Motorhaube rum. Der Fahrer fand das nicht so toll und raste anschließend mit vollgas durch die Menge. Zum Glück wurde niemand verletzt, aber diese Aktion beschreibt am besten, wie es hier an diesem Abend zuging. Selbst 50 Minuten, nachdem wir zu Hause waren wurde draußen noch wie wild gefeiert. Ich denke, das selbst wenn die deutsche Nationalmannschaft die WM gewinnen würde, nicht mal halb so stark gefeiert werden würde, wie es hier beim Einzug ins Finale des Africacups der Fall war. Einfach abgefahren.
Das war es erstmal soweit. Die Projekte laufen jetzt so allmählich wieder an und im MCOP findet sich langsam das normale Leben wieder ein.
Euch einen frohes und gesegnetes neues Jahr,
wir schreiben nochmal Ende Februar,
gehabet euch wohl,
aus Fußballwahn, Feierei und Gejohl,
euer Louis, alias Mutinta, Hesse